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Marienkapelle Lenhausen
Marienkapelle Lenhausen (Bild: Achim Schnell)

Im Mai des „Heiligen Jahres” 1875 kamen mit einem Sonderzug viele deutsche Katholiken nach Rom.
Unter ihnen war auch Vikar Georg Schmitt aus Lenhausen (gebürtig aus Serkenrode).  Wie viele deutsche Pilger besuchte er den bekannten Bildhauer Wilhelm Achtermann in seiner römischen Werkstatt. Dort sah er eine noch nicht vollendete Pietä aus weißem Marmor und begeisterte sich für das Kunstwerk. Ein halbes Jahr später schrieb er an seinen Bekannten, Ferdinand Börger, Germaniker in Rom, und bat ihn, die Pietä für ihn anzukaufen, ,,er wolle das Meisterwerk christlicher Kunst zu Ehren Gottes und der schmerzhaften Mutter und zur Erhebung des christkatholischen Volkes aufstellen“.

Vikar Schmitt berichtet:
,,Im Jahre 1876, den 28. März, gelangte die Wilhelm Achtermannsche Pietà, welche ich auf meiner Pilgerreise nach Rom im Jubiläumsjahr 1875 kennen lernte, unversehrt hier an, zuvor benediciert vom heiligen Vater Pius IX. (nach Schreiben des hochwürdigen Herrn Dr. de Waal, Rector vom Campo santo in Rom, vom 4. April 1876). Das Kunstwerk aus carrarischem Marmor kostete 1500 Thaler, welche Summe Joseph Eulerich gent. Köhler dahier vorstreckte.

Die Kaufsumme kam durch Spenden zusammen. Als „Hauptwohltäter” nennt Vikar Schmitt seinen
Vetter Anton Kayser aus Schönholthausen, gestorben hierselbst im Dezember 1875, sodann Theresia Sommerhoff aus Habbecke, Haushälterin bei Schulten in Frielentrop, und Johann Kirchhof, Verwalter daselbst (gest. 1877)“.
Als die Pietä in Lenhausen ankam, gab es noch keinen geeigneten Platz für sie. Darum brachte man sie zunächst in die Vikarswohnung, wo sie für 50 Pfennig besichtigt werden konnte. Mit Genehmigung des Paderborner Generalvikariats ließ Vikar Schmitt von Maurermeister Georg Schmitt aus Bamenohl auf dem Lehmberg die Kapelle errichten. Die Pläne dazu hatte Baumeister G. A. Fischer aus Barmen entworfen. Das Grundstück dafür schenkte ihm der obengenannte Joseph Eulerich, der im Unterdorf einen Hof besaß. Am 18. November 1882 wurde die Pietà in der Kapelle aufgestellt.
[Quelle: Festschrift “100 Jahre Achtermann-Pitetà in Lenhausen 1876 – 1976”, Pastor Josef Vogt]

Pieta von Wilhelm Achtermann, Lenhausen
Pieta von Wilhelm Achtermann, Lenhausen (Bild: Matthias Baumeister)

Die Pietà besteht aus feinstem carrarischem Marmor. Sie ist 74 cm hoch; der Sockel, der ein gestrecktes Achteck bildet, ist 71 cm breit und 48 cm tief. Der Bildhauer Theodor Wilhelm Achtermann (geboren in Münster am  15. August 1799, gestorben in Rom am 26. Mai 1884) fertigte das Werk im Jahr 1875.
Er erstellte die erste Marmor-Pietà 1843 im Maßstab von ca. 1 : 2 (“halbe Lebensgröße”). Sie wurde von Lord Granville aus England erworben und stand im Kensington-Palast. Ihr heutiger Verbleib ist unbekannt.

Im Jahr 1850 wurde die in Lebensgröße in Marmor gehauene Pietà im Dom zu Münster aufgestellt. Diese wurde leider im Zweiten Weltkrieg zerstört. Laut dem Biografen Achtermanns, Pater Innocenz Strunk, hat der Bildhauer selbst mitgeteilt, dass die Lenhauser Pietà die zehnte sei, die er in kleinerem Maßstab gemeißelt habe.
Strunk weiter: “Achtermann rühmte diesem Kunstwerke nach, daß er einen Marmor so makellos wie diesen nie bearbeitet habe und eine nochmalige Ausführung schwerlich mehr so gut gelingen würde. ‘Wer die Pietà kauft’, bemerkte er, ‘wird erst mit der Zeit erfahren, welchen Schatz er besitzt’.
Ja, ein wahrer Schatz ist diese Pietà, noch vollendeter als die anderen Darstellungen desselben Gegenstandes: Das Antlitz des Heilandes schmerzlicher, das Haupt Jesu und Mariä noch liebender aneinandergerückt, die Haltung des Heilandes noch inniger und mitleiderregender!

[Quelle: Strunk – “Wilhelm Achtermann – Ein westfälisches Künstlerleben”, 1931 Vechta]

 

Der schon oben erwähnte Ferdinand Börger beschrieb 1877 seine Besuche bei Achtermann, wobei dieser zu ihm sagte: “Das Bild ist vielleicht das beste Kind meines Meißels und das letzte; denn die Sicbenzig sind überschritten, und ich muss bald auf ein gutes Sterbestündlein denken.
[Quelle: Peter Sömer – “Hageröschen aus dem Herzogtum Westfalen”, 1909 Paderborn]

Möglicherweise war es aber nicht das letzte eigenhändige Werk von Wilhelm Achtermann: Laut Strunk ist möglicherweise 1882 oder 1883 eine Achtermannsche Pietà vom Dritten Orden des hl. Dominikus in Graz angekauft worden. Diese soll allerdings nach dem Vorbild der Granvill’schen Pietà aus dem Jahr 1843 und nicht nach den später “verfeinerten Werken” Achtermanns gestaltet gewesen sein.

Theodor Wilhelm Achtermann (1799 - 1884)
Theodor Wilhelm Achtermann (1799 – 1884, Bild entnommen aus P. Innocenz M. Strunk; Albertus Magnus Verlag Vechta)

Weiteres können Sie der Festschrift “100 Jahre  Achtermann-Pietà in Lenhausen 1876 – 1976” entnehmen. Zum Download gelangen Sie >> hier <<.

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